Obstwiese

Obstwiese

Die Obstwiese

Wertvolles Kulturgut
und
artenreicher Lebensraum

 

Geschichte

Zu Zeiten unserer Groß- und Urgroßeltern war es selbstverständlich, daß dichte Obstwiesen die Dörfer umrahmten. Äpfel und Birnen wurden getrocknet oder eingekocht, waren ständiger Bestandteil der meisten Mahlzeiten und dienten in den Wintermonaten als wichtige Vitaminspender. Die Bäume wurden regelmäßig beschnitten, um gleichmäßig hohe Erträge an schmackhaftem, gesundem Obst zu erzielen. Die Obstwiesen waren gleichzeitig Weidegrund für das Vieh. So erfüllten die Obsthöfe eine vielseitige und wechselwirksame Funktion.

Mit zunehmender Industriealisierung und aufstrebender Marktwirtschaft blieb die Selbstversorgung mit Obst, Fleisch, Gemüse u. a. immer mehr "auf der Strecke". Die Männer nahmen Arbeit außerhalb des Hofes an und kauften mit dem verdienten Geld Lebensmittel zur Ernährung ihrer Familien.

Diese Entwicklung führte dazu, daß die Obstwiesen nicht mehr notwendigerweise bewirtschaftet werden mußten. Fortan wurden die Obstbäume vernachlässigt, z. T. sogar mit Landeszuschüssen oder im Rahmen der Flurbereinigung gerodet. Durch Überalterung im Zusammenhang mit der fehlenden Pflege fielen und fallen viele Bäume dem Sturmbruch zum Opfer, so daß voraussichtlich in 10 bis 15 Jahren fast keine Obstwiesen mehr zu finden sind.

Lebensraum

Neben der optischen Schönheit mit der diese Landschaftselemente unsere bucklige Welt bereichern, bieten die Obstwiesen einen ökologisch wertvollen Lebensraum. Die blütenreichen Obstbäume locken zahlreiche Insekten an. Insbesondere Bienen und Hummeln "fliegen" auf den Nektar, so daß es im Baum zur Blütezeit nur so summt und brummt. Die Gehölze beheimaten diverse Käfer und Larven und sind "Kampfplatz" für die verschiedensten "Nützlinge" und "Schädlinge", wie z. B. Florfliege gegen Blattlaus oder Schlupfwespe gegen Frostspanner. Entsprechend groß ist das Futterangebot für verschiedene Vogelarten. Blau, Kohl und Sumpfmeise, Feld-Sperling gehören zu den häufigsten Bewohnern, seltener trifft man den Gartenrotschwanz. Der Wendehals galt früher als typische Obstwiesenart, heute ist er jedoch verschwunden. Ähnlich erging es dem Steinkauz, der seinen Nistplatz in den Asthöhlen alter Bäume anlegt. Mit der Rodung und dem Zerfall der Obstwiesen geht auch der Lebensraum verloren.

Pflege

Die richtige, regelmäßige Pflege gewährleistet ein langes gesundes Wachstum der Bäume, was wiederum eine langjährige Nutzung ermöglicht. In den ersten zehn Standjahren muß durch jährlichen Schnitt (Erziehungsschnitt) ein stabiles Kronengerüst aufgebaut werden. Weitere Pflegeschnitte alle 3 - 5 Jahre wirken sich auf den Ertrag und Fruchtqualität aus. Bäume, die gut gepflegt werden, erreichen ein hohes Alter und sind für Krankheit nicht so anfällig.

Die Nutzung als Viehweide wäre die optimale Bewirtschaftungsform für die Obstwiese. Leider ist diese hinsichtlich der landwirtschaftlichen Situation kaum noch gegeben. Der Viehtritt ist jedoch wichtig, um Wühlmäuse zu vertreiben, die sich besonders bei Jungbäumen gern an den Wurzeln zu schaffen machen. Eine weitere aufwendigere Möglichkeit ist die Mahd der Fläche. Eine Beweidung mit Pferden ist nur bedingt eine Alternative, da die Pferde die Bäume schälen und damit zum Absterben bringen. Bei Pferdebeweidung muß daher auf entsprechend aufwendigeren Baumschutz und eine geringe Besatzdichte geachtet werden.

Sortenarmut

Während es Mitte des vorigen Jahrhunderts noch über 800 Apfelsorten in Deutschland gab, sind es heute nur noch knapp drei Dutzend. Die Öffnung zum europäischen Handelsmarkt brachte neue Normen mit sich, so auch für das Obst. Für Äpfel, Birnen und Zwetschgen gelten Mindestgrößen, die wir mit unseren heimischen Bäumen im Mittelgebirgsklima nicht immer erbringen können. Immer mehr lokale bzw. regionale Sorten wichen den maschinengerechten Niederstamm und Halbstammobstbäumen, die aufgrund der höheren Erträge an "genormten" Früchten für die marktgerechte Obstproduktion besser geeignet sind. Dies erklärt die Sortenarmut, die heute auf EG-Ebene herrscht.

Kauf von Obstgehölzen

Ohne gründliche Vorbereitung und nur im Vertrauen auf die richtige Beratung durch das Verkaufspersonal wurde bereits so mancher Hobbygärtner gutgläubig das Opfer eines Fehlkaufes. Denn die, z. T. sogar in Supermärkten angebotenen Obstbäume liegen zwar im Einheitstrend der sortenarmen EG-Auswahl, jedoch handelt es sich weder um in unserem Klima gedeihliche Sorten noch um Hochstamm-Gehölze. Der Weg zur Baumschule ist oft erfolgversprechender.

Als Hochstammobstbäume bezeichnen wir solche Bäume, die den ersten Ast in etwa 1,80 m Höhe über dem Boden aufweisen. Hochstämme sind auf Sämlings-Unterlage veredelt und standfester als auf schwächeren Unterlagen veredelte.

Heimische hochwüchsige Sorten

Apfelsorten: Jakob Lebel, Riesenboikenapfel, Roter und Grüner Boskoop, Rheinischer Winterrambour, Zuccalmaglio`s Rennette, Baumanns Renette, Doppelte Luxemburger Renette

Birnensorten: Köstliche von Charneu, Gute Gaue, Postorenbirne

Zu bekommen sind diese Sorten bei gut sortierten Baumschulen. Außerdem sollte man beachten, ob es sich um fremd- oder selbstbestäubende Sorten handelt, ggfs. muss dann noch ein zweiter Baum hinzugekauft werden.

 

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